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Donnerstag, 29. Juli 2010

Organistenfahrt nach Lüneburg

Gestern war es soweit: Ich fuhr mit einigen Kollegen aus dem Kirchenkreis nach Lüneburg, darunter auch unser Kreiskantor. Wir besichtigten die großen Orgeln in der Nicolaikirche und in der Johanniskirche.

So eine Organistenfahrt ist so etwas wie feinste Tiramisu nach dem Mittagessen. Das macht so viel Spaß mit mehreren Leuten die Orgeln zu sehen und auszuprobieren. Man kann dabei neues kennen lernen und kann sich austauschen, bzw. fachsimpeln und das Ausprobieren der Orgeln ist für einen orgelinfizierten oft der Höhepunkt.

In der Nikolaikirche trafen wir eine Orgel aus der Zeitepoche der Romantik (1800-1950), welche von Furtwängler und Hammer erbaut wurde. Die dreimanualige Orgel entstand in ihren wesentlichen Teilen 1899 und besteht aus einer pneumatischen Traktur. Zum Spielen muss ich mich erst darauf eingewöhnen, denn ich bin das Traktieren nur auf einer Mechanischen Traktur gewohnt. Es gab verschiede Koppel, die mir erst mal bekannt waren. Daneben gab es einen Melodiekoppel, d.h. einen Oktavkoppel der obersten Stimme und andere Koppel. So kann z. B. bei einem Choral die Melodiestimme verstärkt werden. Die Orgel hat zwei Schweller, eine als Walze gedacht und ein "normales Schwellwerk". Heute dürfte die Orgel besser klingen als zu dem Zeitpunkt ihrer ersten Erstellung. Das lag an der trägen Pneumatik und an einer schwachen Windanlage. Die Orgel wurde mehrfach verbessert und verbaut. 2002 wurde sie auf die ursprünglichen Register zurückgeführt, damit sie wieder eine "echte romantische" Orgel ist



Die Orgel hat "vorprogrammierte" Registerzüge wie "Pianissimo", "Piano", "Mezzoforte", "Forte" und "Fortissimo", "Tutti", "Pedal Piano" und "Pedal mezzoforte". Das ist zum Spielen sehr angenehm, denn die Werke der Künstler aus der Romantik wechseln häufig zwischen laut und leise. Dann kann man als Spieler nicht immer so viele Register raus und rein ziehen, da sonst im Musikstück große Pausen entstehen würden.

Pneumatische Orgeln haben oft den Nachteil, dass die Töne beim Spielen verzögert erklingen. Da gibt es Orgeln, auf denen man keinen vernünftigen Triller zustande bekommt, weil man dann einfach nur zwei Töne gleichzeitig hört. Auf dieser Orgel war das aber kaum zu merken. Ihr großer Vorteil ist aber, dass man gegenüber mechanischen Trakturen nicht so stark in die Tasten hauen muss, wenn alle Koppeln eingeschaltet sind. Das kommt den großen Orgeln sehr entgegen, da die große Anzahl der Register das Spielen erschweren würde.

Die Orgel verfügt über 48 Stimmen, von denen viele Zungen, weiche Flöten und zarte Streicher auf den Manualen verteilt sind. Es gibt an dieser Orgel nur einige wenige Prinzipale, was typisch ist für Orgeln der Romantik. Es gibt im ersten Manual einen Prinzipal '16, Oktave '4, Oktave '2, im zweiten Manual einen Prinzipal '4 und im dritten Manual keinen. Eine Barocke Orgel hätte wenigstens einen Prinzipal '8, der für diese Zeitepoche sehr wichtig ist. Darum lassen sich barocke Stücke auf dieser Orgel eher nicht spielen, was ich nicht so gut gelungen finde. An den vorhandenen Prinzipalen fällt ein sehr weicher Klang auf, der sehr "flötig" klingt.

Im Pedal findet sich sogar ein Prinzipalbaß '32, der sehr laut ist. Mich wundert, dass es im Pedal nur ein einziges Zungenregister gibt: Posaune '16. Aber ich denke, man hat bei den großen Werken ohnehin die Koppeln eingeschaltet, so dass man einige Zungen aus den Manualen hören kann.

Die Orgel steht auf einer Empore etwas abseits vom Kirchenschiff. Da das Hauptschiff schmal und lang ist, gibt es von der Orgel nur dumpf etwas im Gemeinderaum zu hören. Das liegt nun an der historischen Kirche, was man nicht ändern kann.

Die Orgel hat viel Spaß gemacht. Ich habe zum Probieren einen Choral (Wenn Friede mit Gott, 19 Jh) auf dem dritten Manual gespielt, was sich nur wie "gehaucht" anhörte. Ich fand das klasse!

Als zweites ein Werk von Rheinberger. Das habe ich sehr fett registriert und das Stück wirkte durch die Orgel auch sehr wuchtig.

Insgesamt imponiert die Orgel durch die vielen Streicher und Zungen auf den Manualen. Das trifft man nicht an jeder Orgel an und sie war wirklich am heutigen Tag ein Leckerbissen.


In der selben Kirche nahmen wir auch an einer Kirchenführung teil. Es war ganz interessant, denn dort gibt es auch die älteste Stadtansicht der Welt zu sehen. Sie entstand im 15 Jh. und steht im Altarbereich, wo eine Begebenheit mit dem Heiligen St. Andreas abgebildet ist und im Hintergrund die Stadtansicht von Lüneburg zeigt.


Nun gingen wir in die zweite Kirche, die Johanniskirche und sie besitzt zwei Orgeln. Das kommt mittlerweile öfter in großen Kirchen vor. Die erste wurde im 16. Jh. das erste mal erbaut und die zweite ist ganz neu aus diesem Jahr. Die erste Orgel sieht natürlich so aus, wie man sich Orgeln vorstellt, die moderne Orgel besticht durch ihren würfelartigen Aufbau und ist insgesamt ohne auffällige Verzierungen und steht hinter dem Altar auf einer Empore.

Als erstes hörten wir ein halbstündiges Konzert auf der alten Orgel. Später hat es mich sehr gewundert, dass der Organist auf dieser Orgel gespielt hat, obwohl er auf der anderen Seite der Kirche eine Orgel hat, die einer französischen Cavalle-Coll Orgel sehr ähnelt.

Wir hörten also auf der Orgel aus dem 16. Jh. (Barockzeit) Werke von Mendelssohn und C. Franck Choral E moll (Romantik).

Nach dem Konzert besuchten wir die Orgel aus dem 16. Jahrhundert von Niehoff und Johannsen. Auch hier wurde seit ihrer Entstehung viel gearbeitet, aber es sind im Oberwerk noch originale Pfeifen vorhanden. Das Orgelwerk besteht aus dem Rückpositiv (1. Manual), dem Hauptwerk (2. Manual=Klaviatur), dem Oberwerk (drittes Manual) und dem Pedalwerk. Letzteres sind seitliche Pfeifentürme. Es gibt 5 Koppeln mit 51 Registern. Eine große Orgel, die besonders basslastig ist. Allein im Pedal sind 15 Register, die einen bombastischen Klang haben. Daneben ist ein Radialpedal vorhanden, d.h. die Pedalen stehen nicht im 90° Winkel zur Orgel, sondern verlaufen sternförmig von der Orgelbank. Das macht das Spielen beim ersten mal etwas gewöhnungsbedürftig.

Es ist eine typische Barockorgel, sogar schon mit Pneumatischen Werk. Damit genügt sie heutigen Ansprüchen, denn das starke Drücken der Tasten würde die Finger beim schnellen Spiel verkrampfen, oder gar unmöglich machen.

Auf dieser Orgel lohnt es sich, typische Stücke aus der Barockzeit von den alten Meistern zu spielen, wie z. B. Buxtehude, alle Bachs, Bruhns, V. Lübeck, usw. Auch lohnt es sich, manche romantischen Stücke darzustellen, aber nicht in dem Umfang wie in der Nikolaikirche. Stücken von C. Franck oder Max Reger kann diese Orgel nicht genügen, es sei denn, man hat als Spieler einen Registranten.

Die Register sind aus der Barockzeit neu eingesetzt oder restauriert worden, so finden sich im Gegensatz zur romantischen Orgel viele Prinzipale und Flöten, keine Streicher und nur wenige Zungen. Auf allen Manualen befinden sich nur insgesamt 5 Zungen. Da bekommt der Choral "O dass ich tausend Zungen hätte" eine ganz andere Bedeutung ;-). Für Barockorgeln ist das aber ganz typisch.

Nur für das Pedal gibt es im Verhältnis mehr Zungen: 2* Trompete '8 und '4 und 2* Posaune '32 und '16.

Beim Spielen wollte ich gerne eine große Klangfülle ausnutzen und spielte das große d-Dur Präludium von J. S. Bach. Das hat echt geschockt, da vor allem in den Schlusstakten noch mal der Bass so richtig zur Geltung kommt und so hats in der Kirche auch mächtig geballert. Mir blieb das Glück beschieden, dass keine Fenster zu Bruch gingen ;-). Das zweite Stück war ein kleines Choralvorspiel von Max Reger "Eins ist Not ach Herr dies eine". Es ist so komponiert, dass man es mit zwei verschiedenen Registrierungen spielen kann. So spielte ich die Phrasen abwechselnd auf dem Hauptwerk und auf dem Rückpositiv. Für mich war es klasse, meine Stücke auf dieser großen Orgel zu hören.

Nach dem einige aus der Gruppe die Orgel ausprobiert hatten, gingen wir zu der Kuhn Orgel aus dem Jahr 2010 mit nur 2 Manualen und natürlich ein pneumatisches Spielwerk. Wie gesagt, sie ähnelt sehr den französischen Orgeln von Cavalle-Coll, aber sie hat ihre neudeutschen Abstriche bekommen. Es ist ein recht kleines Positiv, welches trotz seiner geringen Größe nicht weniger Krach macht. Denn es sind nur 28 Register, wo wo fast gar keine Prinzipale vorhanden sind. Aber jede Menge Zungen und Flöten. Anbei ist eine Setzeranlage mit 4 *1000 Kombinationen und vier Koppeln. Da es eine Orgel ist, welche sehr romantisch geprägt ist, lassen sich in diesem Fall überhaupt keine barocken Stücke darauf spielen.

Zum Abschluss unseres Tages spielte ich ein anderes Stück von Rheinberger, was sich für meine Ohren auf dieser Orgel ungewöhnlich anhörte. Rheinberger hatte aber seine Werke für solche Orgeln geschrieben.

Ich fand den Tag total super und möchte das auch gerne wiederholen. Nächstes Jahr geht es weiter.

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